16.03.2016 Die Wüstenetappen bis Saint Louis

Lange hat es gedauert, viele unglückliche Umstande haben mich auf- und abgehalten den Bericht online zu stellen. Hier ist er jetzt, leider ohne Happy End…

Wie geplant und ohne große Hindernisse, Christian verlor lediglich ein paar Kunststoffteile, fuhren wir bis zur letzten Tankstelle von Marokko und Treffpunkt aller Teams. Einen kurzen Zwischenstop legten wir am nördlichen Wendekreis ein.

Ab jetzt ging es gemeinsam im Konvoi noch ca. 100 Kilometer bis zur Landesgrenze. Auf marokkanischer Seite gab es ca. 20 Grenzbeamte. Jeder von Ihnen war der Chef und jeder musste auch irgendetwas kontollieren. jedenfalls hat es irgendwann jeder bis ins Niemandsland geschafft.
Dort angekommen nahm das Unglück seinen Lauf. Bei Christians BMW brach der Kühlwasserstutzen am Motor. Christians Kühlwasser kühlte jetzt den Boden den Niemandslandes. Weiterfahren war so unmöglich. Eine schnelle Notlösung musste her.

Erste Idee: Absuchen der Autowracks. Aber alle hier abgestellten Wagen hatte keinen Motor mehr.
Zweite Idee: Selbst was basteln. Und mit der selbstgebastelten Lösung fuhr Christian dann mit mehreren Unterbrechungen zum Wasserauffüllen bis zur mauretanischen Grenze. Dort wurde weitergebastelt und der Wasserverlust auf unter einen Liter pro Kilometer gedrosselt.

An der mauretanischen Grenze staunte man über unsere Visa. Sollte die wirklich alle echt sein? Die Quittung der mauretanischen Botschaft hatten natürlich nur die wenigsten dabei, da kann man schonmal zweifeln. Der zuständige Beamte musste erstmal telefonieren. Hierzu musste er allerdings erstmal sein Handyguthaben aufladen. Er ließ sich eine Guthabenrubbelkarte besorgen, lud damit sein Handy auf und telefonierte.
Nach dem Telefonat schien es keine Zweifel mehr an der Echtheit unserer Visa zu geben. Allerdings wurden noch von allen Rallyeteilnehmern die Fingerabdrücke und ein Foto benötigt. Bei über hundert Rallyeteilnehmern ist dies ganz schön viel Arbeit. Zu viel Arbeit! Die Beamten fürchteten wahrscheinlich Ärger mit der Gewerkschaft und so reduzierten Sie nach und nach den Aufwand. Zuerst verzichtete man auf die Fotos, später wohl auch auf die Fingerabdrücke.

Jetzt wurden noch die Autos in die Pässe eingetragen und dann wurde nur noch fünf Mal kontrolliert, dass alle Stempel im Pass sind und schon waren wir in Mauretanien.
Es folgte noch eine kurze Fahrt zum Nachtquartier. Dieses erreichten wir bei bereits hereingebrochener Dämmerung und starkem Wind. Am BMW hieß es jetzt nochmal basteln und den Wasserverlust weiter zu reduzieren.

Von unserem Nachtlager fuhren wir nocheinmal 120 Kilometer auf einer Teerstraße, dann bogen wir in die Wüste ab. Ein kurzes Briefing und eine Mittagspause folgten. Dann war es endlich soweit…
Ein, zwei Kilometer fuhren wir, dann nahm das Unglück seinen Lauf…
Tiefsand bestückt mit Buckeln und Büschen…
Der Lupo sprang ein-, zweimal, schlug hart auf und steckte fest. Bei einem Rundgang stellte ich einen Flüssigkeitsverlust fest. Bei näherer Betrachtung konnte man die Servopumpe tropfen sehen. Vorerst zwar schade, aber nicht so schlimm, ging es halt ohne Servounterstützung weiter. Im Sand fast kein Unterschied!
Den restlichen Weg legte ich entgegen meiner Erwartungen ohne Einsandungen zurück. Viele andere Teams schaften das nicht.
Christian, auch nicht mit besonders viel Glück gesegnet, hatte hin und wieder leichte Kühlwasserverluste. Sein BMW brauchte ähnlich viel Wasser wie Benzin. Zu guter Letzt gab es bei Christian auch noch eine starke Rauchentwicklung. Schwarzer und weißer Rauch traten in unter dem Fahrzeug hervor und es roch nach diversen Kräutern, die sich in der Nähe von Christians stark gekürzten Auspuff entzündet hatten.
Nachdem wir unser Nachtlager aufgeschlagen hatten, begannen wir unser Kino aufzubauen. Ohne das wir das Zusammenspiel aller Einzelkomponenten jemals getestet hatten. Aber gute Planung ist halt alles. Und als die ersten Werbetrailer liefen, füllte sich auch der Platz vor der Leinwand. Holger hatte jetzt alle Hände voll zu tun. Er war für das Eis und das Popcorn zuständig. Nach der Vorstellung waren alle Gäste begeistert und unsere Aktion war ein voller Erfolg. Sie wird sicher auch Bestandteil im Film des MDR sein.

Am nächsten Morgen benötigte mein Lupo als erstes mal wieder eine Starthilfe. Diesesmal konnte Christian einspringen.
Als ich meinen Motor zum Start der nächsten Etappe erneut anließ, hörte ich ein Quitschen aus dem Motorraum. Ein Geräusch, welches ich zuletzt 2013 bei meinem Golf vernahm, kurz bevor sich die Riemenscheibe samt Achse von der Servopumpe löste…
Zur schnellen Reparatur füllten wir Öl in den Servobehälter nach und das Quitschen war weg.
Doch…
nach nur kurzer Wegstrecke…
Geschah beim Lupo das Gleiche wie damals beim Golf…
Die Riehenscheibe trennte sich vom Lupo…
Der Rippenriehen konnte so seine Arbeit nicht mehr verrichten.
Beim Golf war dies nicht weiter schlimm, lediglich die Lichtmaschine fiel damals mit aus.
Jetzt beim Lupo war auch die Wasserpumpe betroffen.
Und in der Wüste ohne Wasserpumpe? Keine gute Idee!
Also mußte eine Lösung her…
Jetzt, da die Riehmenscheibe der Servopumpe weg war, brauchten wir einen wesentlich kürzeren Rippenriehmen. Alle im Fahrerlager vorhandenen Riehmenrippen wurden zusammengetragen, aber ein passender war nicht wirklich dabei…
An dieser Stelle hätte die Reise des Lupos zu Ende sein können, war sie aber nicht…
Nach langem Basteln fand sich doch ein Riehmen der irgendwie passte, der Lupo lief wieder.
Da alle weiter wollten, wurde auf die Montage der scheinbar unwichtigen Radhausschale verzichtet. Sie landete ich meinem Kofferraum und am nächsten Tag im täglichen Müllfeuer.
Hauptsache der Lupo lief wieder und das tat er richtig gut. Einsandungen gab es bei mir keine.

Christians BMW verbrauchte währenddessen weiter das in der Wüste so wertvolle Wasser. Hier sah Holger dringenden Handlungsbedarf und so wurde mit Hilfe des Scheißgerätes aus dem Team Schwabenspätzle und einem Superkleber vom Team CAC am Abend ein neuer Kühlwasserstutzen angefertigt. Dieser ist jetzt tatsächlich wieder dicht.

Der nächste Tag sollte früh beginnen. Die Übernachtung am Strand ist nur möglich, wenn die Ebbe und der Rallyetross zur gleichen Zeit an der Strandauffahrt eintreffen. Für Ebbe und Flut gibt es vorausberechenbare Zeitpläne, für den Rallyetross nicht. Es hieß also möglichst ohne große Unterbrechungen an den Strand zu fahren, denn die Ebbe sollte 15.00Uhr dort sein.
Im Großen und Ganzen ging es auch zügig voran. Der Lupo rollte, das Schlumpfmobil sowieso und Christians BMW verlor auch nur hinten rechts einen Stoßdämpfer.

Überpünktlich waren wir am Strand, die Ebbe verspätete sich etwas, so ist das halt in Afrika. Gegen 15.30Uhr fuhren wir auf den Strand und noch ca. 20 Kilometer auf diesem weiter, um dann nach links in die Dünen abzubiegen und dort zu übernachten.

Ich hatte allerdings noch bei unserem letzten Briefing in Deutschland von Holger die Aufgabe bekommen, frischen Fisch für das Abendmahl am Strand zu besorgen. Im letzten Dorf vor dem Strand waren die hygienischen Umstände allerdings nicht vom gewohnten Standard. Ich befürchtete Bauchschmerzen im A-Team und ließ es lieber.
Bei der Fahrt am Strand sah ich dann einige Fischer, die gerade ihren Fang in Sicherheit brachten. Ich witterte eine gute Gelegenheit und hielt an, ging zu den Fischern, sie zeigten mir ihre Beute und ich schlug zu.
Drei frische Fische landeten in dem extra mitgebrachten Plastebeutel und dieser kurz darauf in meinem Kühlschrank.
Nachdem alle ihre Autos auf trockenem Untergrund abgestellt hatten, war endlich der richtige Zeitpunkt die Badehose herauszusuchen. Ich hatte diese als erstes eingepackt und so dauerte es bei mir einen Moment länger.
Sämtlicher Wüstensand konnte jetzt im Meer abgewaschen werden. Und das nur, um Platz für den nächsten zu machen.
Nach der Erfrischung im Meer fing Holger an, den Fisch zuzubereiten. Ich musste währenddessen Kartoffeln schälen.
Das Ergebniss war lecker.
Christian nutzte diese Zeit, den heute herausgerissenen Stoßdämpfer wieder in seinem BMW zu befestigen.
Die Zeit nach dem Essen nutzten wir wieder einmal zur Reduzierung unserer Getränkevorräte. Da wir am nächsten Tag erst wieder bei Ebbe weiterfahren konnten, hatten wir viel Zeit.
Zu später Stunde nutzte Holger diese viele Zeit auch noch für ein kleines Feuerwerksduell mit den Schwabenspätzlen. Schon nach den ersten Raketen war klar: „Wir haben gewonnen!“ Auf den Sieg zündete Holger dann noch eine Feuerwerksbatterie.

Am nächsten Tag konnten wir wie schon geschrieben ausschlafen.
Wir warteten auf die Ebbe…
Gegen 15.00Uhr herschte dann plötzlich große Aufregung und es ging unerwartet schnell los.
Im Gegensatz zum Vortag war das Fahren nicht schön.
Links war die Wüste mit fiesem Tiefsand, rechts das Meer und in der Mitte die durchfeuchteter Sand, der die Autos noch nicht wirklich tragen wollte.
Viele Einsandungen waren vorprogrammiert. Auch mich erwischte es bereits nach kurzer Zeit.
Alles Buddeln nutzte nichts, erst ein Allrader schaffte es, den Lupo wieder freizuschleppen.
Um nicht wieder einzusanden, änderte ich meine Strategie etwas und fuhr ein wenig schneller. Das funktionierte recht gut.
Bis dann…
Hindernisse in Form von steckengebliebenen Fahrzeugen vor mir auftauchten…
Ich folgte dem Vorbeiwinken eines vorausfahrenden Teams, das im Begriff war anzuhalten
und entschied mich, auf der Meerseite vorbeizufahren…
Es war ein dramatischer Fehler…
Eine Welle nutzte die Gelegenheit meinen Lupo ein Stück weit ins tiefere Wasser zu ziehen.
Es war zu tief…
Und die, bei der Riehmenreparatur nicht wieder montierte und jetzt fehlende Radhausschale führte dazu, dass das Meerwasser direkt in den Ansaugstutzen des Motors laufen konnte…
Der Motor nahm einen kräftigen Schluck des Meerwassers und ging aus.
Wie ich jetzt weiß, für immer…
Mir blieb nur, auf die Orgs zu warten. Von diesen wurde ich dann vom Strand und dann nach Nouackchot geschleppt.

Die Rallye verläuft jetzt nicht mehr so, wie ich sie für mich geplant hatte.

In Nouackchot hatten wir einen Ruhetag, aber Versuche, den Motor wiederzubeleben, scheiterten.
Am Abend war dann klar, dass der Lupo auch noch bis Saint Louis geschleppt werden mußte. In Mauretanien war die Austragung aus dem Pass nicht möglich.
Den Lupo hatte ich schon soweit ausgeräumt. Bei Einbruch der Dunkelheit drehten wir den Lupo noch in Startposition und befestigten das Abschleppseil.

Gestern morgen ging es dann gegen 8.00Uhr los.
Holger fuhr vor meinen Lupo wir hängten diesen an und fuhren im Konvoi los.
Hin und wieder machten wir eine kurze Pause.
Und bei eben einer dieser Pausen ist es dann passiert.
Wahrscheinlich beim Abstellen des Autos muss ich aus Gewohnheit wohl den Zündschlüssel aus dem Zündschloss gezogen haben. Beim wieder Losfahren wich Holger einem Schlagloch aus, ich tat das auch und dann rastete das Lenkradschloss ein…
Schlagartig schoss der Lupo nach links und weil das Pech auf dieser Reise wie Hundekacke an den Reifen des Lupos klebte, kam in diesem Moment auch noch Gegenverkehr…

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Dieser wich zum Glück noch etwas aus und so traf ich diesen nur seitlich und kam danach zum stehen.
Das mir entgegengekommene Taxi ist, so sagten es mir später die hinter mir fahrenden Rallyeteilnehmer, abgehoben und schlug dann in einer Düne ein.
Auch aus dem Taxi stiegen glücklicherweise alle Passagiere, wieviele es wirklich waren weiß niemand, unverletzt aus.
Am Lupo zogen wir den Kotflügel wieder etwas heraus und wechselten sicherheitshalber das Rad.
Die Passagiere des Taxis machten sich währenddessen so nach und nach aus dem Staub und zum Schluss war nur noch der Taxifahrer und eine Frau übrig.
Die Polizei war gerufen und schließlich haben wir ja extra für solche Fälle eine mauretanische Kfz-Haftpflichtversicherung abgeschlossen.
Aber keiner der Beteiligten wuste wie hier die Regulierung eines Schadens erfolgt. Nach lager Zeit kam irgendwie der Taxifahrer und ein Gandarm auf uns zu und schlug vor den Schaden mit Bargeld zu regulieren.
Der im Raum stehende Betrag war akzeptapel und so wurde die Angelegenheit schnell gelöst. Scheinbar war es auch dem Taxifahrer wesentlich lieber den Schaden auf diese Weise und ohne Versicherung zu regulieren.
Die restliche Strecke legte ich mit meinem Lupo am Hacken von Org Torsten zurück.
Die Strecke über den Damm des Senegal-River glich am Hacken von Torsten einer Autobahn. Vor zwei Jahren war dieser Streckenabschnitt die Hölle.
Bei Einbruch der Dunkelheit erreichten wir Saint Louis.
Vom Hotel hatte ich mir 2014 eine Visitenkarte mitgenommen. Eine gute Entscheidung, so konnte ich bereits in Deutschland Zimmer für uns reservieren. Die Dusche war ein Traum!

Der Lupo ist jetzt leider richtig Schrott, er wird hier in Saint Louis zurückgelassen. Das weitere Leben ist ungewiss…
Seine Geschichte endet hier!
Ein kleines Stück mehr Blech zum Schutz der Servopumpe und wahrscheinlich wäre alles gut gegangen…

Heute ist Ruhetag. So es die nächsten Tage noch etwas zu berichten gibt, melde ich mich noch einmal.
Ab morgen fahre ich bei Christian im BMW mit. Der verlor gestern wiedermal einen Stoßdämpfer, gute Voraussetzungen also.

Weitere Bilder folgen bei besserer Internetverbinung.

 

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